Donnerstag, August 25, 2005

Vorbereitung Nordic Walking Marathon

Von 0 auf 42km in 3 Monaten

Noch nie einen vollen Nordic Walking Marathon gelaufen? Aber richtig Lust darauf? Ging uns auch so. Aber ich hatte viel zuviel Gewicht und vor allem kaum Fitness.

Hat trotzdem funktioniert. Innerhalb von 3 Monaten. Und riesig Spass gemacht.

Die Praxiserfahrungen.

Als wir uns auf unseren ersten Nordic Walking Marathon vorbereitet haben, konnte ich im Internet noch keine Tipps finden. Für einen "normalen" Marathon gab es jede Menge - für Nordic Walking leider nicht.

Daher sind wir auf die Idee gekommen, unsere Erfahrungen für Interessierte kurz zusammen zu schreiben.

Bitte beachten: Wir sind Praktiker. Keine Experten. Was bei uns funktioniert hat, muss nicht bei jedem funktionieren. Im Zweifelsfall mit entsprechenden Fachleuten und Ärzten abstimmen. Sicherheit geht immer vor.

Unsere 7 kritischen Erfolgsfaktoren.
  1. Teamwork
  2. Aufteilung der Verantwortung
  3. Traingsplan
  4. Pulswerte ermitteln
  5. Ernährung
  6. Mentale Vorbereitung
  7. Tagebuch / Weblog
1. Teamwork.

Für mich persönlich DER Erfolgsfaktor. Die Kraft einer gemeinsamen Vision und die gegenseitige Unterstützung gibt so einem Vorhaben einfach richtig Vorschub. Ohne Sandy hätte ich es auf jeden Fall nie geschafft. Und es macht Laune.

Action:
  • Walking-Partner suchen
  • Ziel verbindlich vereinbaren und aufschreiben
  • Regelmässig über den Fortschritt austauschen

2. Aufteilung der Verantwortung.

Bei uns war Sandy für das Training zuständig und ich für die Ernährung. Da wir im Vorfeld keine Ahnung hatten, musste sich jeder in sein "Fachgebiet" einarbeiten. Das spart Zeit.

Ausserdem sind wir beide starke und sture Naturen. Wir hätten wohl mehr diskutiert als am Ziel gearbeitet :-) So haben wir einfach das gemacht, was der andere gesagt hat. Und das hat ganz einfach funktioniert...

Action:
  • Verantwortungsbereich bestimmen
  • Den Anweisungen des Anderen Folge leisten

3. Trainingsplan.

Wirklich Entscheidend: das richtige Training. Wir haben auf die Ansätze von Ole Petersen vertraut, die er in seinem Buch "Marathon" beschrieben hat. Hier einige grundlegende Ansätze.

Nicht übertrainieren.

Mindestens zwei Ruhetage während der Woche und alle 4 Wochen eine ganze Regenerationswoche ohne Training. Der Aufbau erfolgt während der Regenerationsphasen - nicht beim Training.

Kombinieren.
  • Lga: Lauftraining im Grundlagenbereich als Basistraining
  • Lka: Kraft und Ausdauer Training zur Stärkung der Laufmuskulatur
  • Leb: Lauftraining im Entwicklungsbereich zur Steigerung der Geschwindigkeit
Subjektiv hatte ich den Eindruck, dass gerade die Kraft- und Ausdauereinheiten mir viel gebracht haben. Man läuft diese an Steigungen und in hohem Pulsbereich. Hier habe ich am deutlichsten den Fortschritt bemerkt.

Steigern.

Das Training wird langsam aber kontinuierlich auf das notwendige Niveau gesteigert. Und ab dann gehalten. Das war für mich am Schwierigsten. Denn am Anfang ist man voller Enthusiasmus und will ständig trainieren. Soll aber laut Plan nicht zuviel machen. Das nervt manchmal. Es gilt: weniger ist mehr.

Plan erstellen.

Ein realistischer und an den Grundsätzen orientierter Plan ist absolut hilfreich. Wie man den erstellt kann man hier nachlesen. Und das Beispiel unseres Trainingsplans findet man hier als Download im pdf-Format.

Action
  • Artikel von Sandy lesen
  • Beispiel downloaden
  • Eigenen Trainingsplan erstellen

4. Pulswerte ermitteln.

Ohne Pulsuhr kann man es fast vergessen. Man überschätzt sich ständig und läuft Gefahr falsch zu trainieren. Ausserdem motiviert es, seine Auswertungen zu sehen und man kann mit einigen Modellen auch die eigene Fitness testen.

Wer sich professionell vorbereiten will, sollte sich also eine Pulsuhr anschaffen. Damit man weiss, in welchem Bereich man traininert, kann man seinen persönlichen Drehzahlmesser anlegen.

Visualisierung (Beispiel Werner)


Die einzelnen Pulswerte und Bereiche:

Grenzpuls.
Auch die anerobe Schwelle genannt. Ab hier geht der Muskel eine Sauerstoffschuld ein und der anerobe Pulsbereich beginnt. Es kommt zur Übersäuerung durch Milchsäure. Der bekannte Effekt: Muskelkater.

Diesen Pulswert haben wir nie überschritten. Und das ist gerade am Anfang sehr schwer, da man unglaublich schnell an seinen Grenzpuls kommt. Das wird aber mit fortlaufenden Training immer besser. Der Grenzpuls steigt nach oben und der realisierte Pulsbereich sinkt nach unten.

Healthbereich (Glück).
Der erste Gang im Training. Perfekt für Lga-Training. Nach einiger Zeit kommt man auf gerader Strecke und ohne exzessiven Armeinsatz kaum noch über diesen hinaus.

Spannend dabei: dieser Pulsbereich macht happy. Man nimmt sehr bewusst die Umwelt war und die Laune wird dabei immer besser. Oft erlebt. Schlechte Laune löst sich buchstäblich in Luft auf.

Fitnessbereich (Kreativität).
Der zweite Gang im Training. Perfekt für Lka- und Leb-Training. Aber nie über den Grenzpuls hinaus. Hier entwickelt sich Kondition und Ausdauer.

Spannend hier: dieser Pulsbereich macht kreativ. Die Aufmerksamkeit richtet sich nach innen. Ich merke das bei mir immer, wenn ich mit gesenktem Kopf laufe. Und plötzlich fallen einem Lösungen zu Problemen ein. Kommt die Blitzidee, nach der man schon tagelang suchte.

Berechnung Maximalpuls (HFmax)
210-1/2 Alter in Jahren - 11% Körpergewicht in kg +4 (Männer) oder 0 (Frauen)

Berechnung Grenzpuls
= Ruhepuls + (220 - 3/4 Lebensalter-Ruhepuls) x Trainingszustand

Trainingszustand liegt zwischen:
0,60 und 0,65 bei Untrainierten
0,65 und 0,70 bei mittelmässig fitten
0,70 und 0,75 bei wettkampferfahrenen Läufern

Berechung Healthbereich 60-70% HFmax
Maximalpuls * 0,6 (untere Schwelle)
Maximalpuls * 0,7 (obere Schwelle)

Berechung Fitnessbereich 70-80% HFmax
Maximalpuls * 0,7 (untere Schwelle)
Maximalpuls * 0,8 (obere Schwelle)

Berehnung Powerbereich 80-90% HFmax ("Runner's High"-Gang)
Maximalpuls * 0,8 (untere Schwelle)
Maximalpuls * 0,9 (obere Schwelle)

Update.
Die Werte ändern sich mit fortlaufendem Aufbau der Fitness. Vorschlag: die Fitnesswerte und den Ruhepuls als Input für die Formeln jeden Monat überprüfen.

Action
  • Falls nicht vorhanden - Pulsuhr kaufen
  • Ruhepuls und Fitnesswert bestimmen
  • Maximalpuls HFmax, Grenzpuls, Health- und Fitnessbereich berechnen
  • Puls Drehzahlmesser visualisieren und Pulsuhr danach einstellen
  • Trainig anpassen (Lga: Health, Leb / Lka: Fitness, nie über Grenzpuls)



5. Ernährung.


Wir haben uns vorwiegend von Gemüse, Salat, Obst und Milchprodukten ernährt. Dazu Fleisch und Fisch. Quasi die ersten beiden Ebenen der LOGI-Pyramide.

Zur Unterstützung des Muskelaufbaus und als Basis zur Hormonbildung haben wir die Nahrung mit Eiweisspulver ergänzt. Viel wichtiger erscheint mir die Ernährung kurz vor und während des Marathons.



Quelle: Harvard Health Online - Download: LOGI-Pyramide (pdf)


Unsere Woche vor dem Marathon.

Samstag
Lga-Training 2:00h-2:40h. Dadurch Entleerung der Glykogeneinlagerungen. Danach kaum Kohlehydrate.

Sonntag
kaum Kohelhydrate, Magnesium

Montag
kaum Kohlehdrate, Magnesium

Dienstag
Tagsüber: kaum Kohlehdrate, Magnesium
Abends: 90Min. Lga-Einheit zur Entleerung der Glyogeneinlagerungen. Unmittelbar nach dem Training: viel Kohlehydrate z.B. Nudeln, Kartoffeln, Reis, Apfel, Banane und Gel

Mittwoch
Viel Kohlehydrate, Magnesium

Donnerstag
Viel Kohlehydrate, Magnesium + viel Wasser, kein Kaffee, kein Alkohol

Freitag
Viel Kohlehydrate, Magnesium + viel Wasser, kein Kaffee, kein Alkohol

Samstag
3h vor dem Start einfaches Frühstück (Zucker): Weissbrot mit Konfitüre, Honig, Käse. Danach nichts mehr essen - aber viel Trinken.

Unsere Ernährung während des Marathon.

Irgendwer - ich glaube es war Strunz - hat mal gesagt. "Einen Marathon macht man mit Wasser und Zucker". Das war auch gleichzeitig unser Grundprinzip.
  • Ca. alle 20 Minuten Wasser trinken (kein Isogetränke, keine Zusätze - reines Wasser)
  • Nach 90 Minuten sind die Glykogenspeicher verbraucht. Daher nach etwa 1h das erste Squeezy oder ein vergleichbares Energiegel.
  • Danach alle 1/2h ein Squeezy
  • An den Verpfelgungsständen - Bananenstücke und auch hier mind. 2 Becher trinken
That's it. Wir waren richtig froh um die Energiegels. Man hat richtig gespürt, wie es danach wieder besser ging. Auch wenn die Dinger furchtbar pappig süss schmecken. Wir hatten den Eindruck, sie haben wirklich mitgeholfen, uns über die letzten 10 km zu bringen.

In der ersten Stunde nach dem Marathon. Kohlehydrate und viel mineralhaltige Getränke. Hilft bei der Regeneration. Wer es nochmal runterbringt: ein bis zwei Gel essen :-)

6. Mentale Vorbereitung.

Schmerzen akzeptieren. Positiv Denken. Das waren für mich die beiden wichtigen Punkte.

Dachte immer, ich werde durch das Training so fit, dass ich einen Marathon irgendwann gut laufen mag. Weit gefehlt. Es wird nach Aussage eines befreundeten Triathleten immer schmerzen. Auch wenn man top trainiert ist. Es wächst einfach die Bereitschaft und Fähigkeit, länger mit Schmerzen zu laufen. Er hat mir auch mit folgendem Spruch geholfen, den ich mir merken sollte, wenn es losgeht: "Danke liebe Beine für die Rückmeldung - wir laufen trotzdem weiter."

Also vorab darauf einstellen: es wird auf den letzten Kilometern harzig. Aber aufgrund des Trainigs ist man dazu körperlich in der Lage, es zu schaffen. Einfach nicht auf die Beine hören.

Der zweite Punkt war der positive Ansatz. Runterzählen statt rauf. Nicht denken "es sind NOCH" x km", sondern "es sind NUR NOCH x" km. Das war für mich entscheidend. Somit wird das bereits geleistete honoriert. "Wow. Die Hälfte ist rum jetzt sind es nur noch 21 km. Waren ja schon 42 und jetzt werden es ständig weniger."

So wusste ich, wenn ich 31 km schaffe, schaffe ich den Rest auch. Nach dem Motto, jetzt sind bereits 3/4 der Strecke geschafft. Das letzte 1/4 machen wir spielend. Ist auch irgendwie so. Nur die Beine sind anderer Meinung. Aber auf die hören wir ja nicht :-)

7. Tagebuch / Weblog

Hilft unwahrscheinlich. Man reflektiert automatisch. Weiss wo man gerade steht. Weiss was man ggf. ändern muss. Sieht seinen eigenen Fortschritt. Und bleibt ganz einfach dran.

Daher ist ein Tagebuch wirklich ein gutes Hilfmittel. Wer es moderner lösen will - einfach einen Weblog anlegen. Kann man beispielsweise bei Blogger. Aber vorsichtig: macht irgendwie süchtig :-)

Viel Spass und Erfolg mit dem ersten Nordic Walking Marathon. And keep on walking :-)

Herzliche Grüsse,
Werner + Sandy

Übrigens: Wer noch eine Marathonveranstaltung sucht, findet verschiendene Möglichkeiten in unseren Nordic Walking Links



Weitere Infos.